Der Ex-Faktor

Ich habe kürzlich einen interessanten Artikel über den „Ex-Faktor“ gelesen, wie es der Psychologe Stephan Poulter nennt. Habe mir dann auch gleich das Buch besorgt.

In seinem Buch „Der Ex-Faktor: 6 Strategien für ein neues Leben nach der Trennung“ beschreibt er wie uns frühere Beziehungen aber auch unsere Erziehung bestimmt, wie wir mit Trennungen umgehen und welche Einflüsse es gibt, wen und wie wir lieben.

Poulter beschreibt, was wir alles in unserem Rucksack mit umherschleppen und uns schwer auf den Schultern lastet. Eine Ansammlung aus verlorenen Träumen, gebrochenen Versprechungen, Enttäuschungen, Reue, emotionale Rückschläge, Verdrossenheit über ehemalige Liebespartner und unrealistische Erwartungen. Diese Last verhindert seiner Meinung nach, dass wir leichtfüßig voranschreiten und uns dadurch im Kreis bewegen. Er vertritt die These, dass sich unsere unverarbeitete emotionale Geschichte in unseren Liebesbeziehungen immerfort wiederholt. Ferner behauptet er, dass, wenn wir unseren Rucksack ausmisten, gerne von uns weisen, dass Ex-Partner trotzdem weiterwirken, auch wenn wir sie aus unserem Leben gestrichen haben.

Heute bestimmen wir größtenteils selbst, mit wem wir zusammen sein möchten. Im letzten Jahrhundert wurde das von den Familien oder der Dorfgemeinschaft oder der Gesellschaft geregelt. Unsere Großeltern haben sich früh kennengelernt, geheiratet und waren doch meist bis zu ihrem Tod zusammen.

Ein wenig Statistik dazu: In den 1970igern hatten Paare im Schnitt 1,9 Partner vor einer Heirat. Um die Jahrtausendwende waren das schon 3,7 und die Scheidungsrate stieg auf über ein Drittel an. 10 Jahre nach der Trennung sind 85% der Getrennten wieder in festen Beziehungen.

Ein Einfluss auf unsere Partnerwahl hat auch unsere Erziehung und die Bindungserfahrung die wir zu mit unseren Eltern gemacht haben. So wählen wir keineswegs bewusst, zu wem wir uns hingezogen fühlen. Religion und gesellschaftliche Normen prägen unser Verhalten zudem und der von Poulter beschriebene Ex-Faktor in großem Maße.

Nun könnte man denken, dass wir nach einer gescheiterten Beziehung gemachte Fehler nicht nochmal machen und Menschentypen meiden, die uns nicht gut getan haben. In der Praxis ist es aber eher so, dass wir immer wieder lieber das bekannte Übel akzeptieren und keineswegs offen sind für neue Erfahrungen. Eine Studie mit Studenten hat dies belegt.

Man hat Studenten zwei Menschen vorgestellt, der eine ähnlich wie der, der wichtigsten Ex-Beziehung und ein anderer Typ, anderes Aussehen, andere Vorlieben etc. Die Probanden wählten stets den ersten Typ, den sie schon kannten. Waren in diesem Gespräch nervöser, sagten aber auch, dass sie sich zu diesem „Like-Ex“-Partner mehr zugezogen fühlten. Unkomplizierter waren hingegen die Gespräche mit den Gesprächspartnern, die nicht ihrem „Beuteschema“ entsprachen. Dabei aber überraschend, dass die Probanden auch auf die unattraktivere Person die bisherigen Bindungsmuster angewendet haben.

Der Ex-Faktor beeinflusst aber auch, wie wir in künftigen Beziehungen lieben und vor allem kann es unser Selbstbild zerstören oder nachhaltig verändern. Gerade wenn Beziehungen von einem Partner einseitig beendet werden, fühlt man sich schwach, klein oder wenig wert. Sätze wie „ich wusste von Anfang an, dass wir nicht zusammenpassen“ oder „Ich dachte schon immer dass Du nicht der/die Richtige bist“ nagt an unserem Selbstbewusstsein. Man braucht unter Umständen lange, es zu verstehen. Man fühlt sich nicht liebenswert. Hier ist Selbstreflexion und Selbstliebe angesagt. Wenn der Ex-Partner dann sehr schnell wieder Jemanden an seiner Seite hat oder ein neuer Partner der Grund für die Trennung war, zweifeln wir noch mehr an uns. Oftmals übersehen wir dabei allerdings, dass wir vielleicht unterschiedlich geliebt haben und der andere Mensch andere Verhaltensmuster hat. Der Versuch, eine Enttäuschung oder auch ehrlich empfundener Schmerz mit einer neuen Erfahrung zu kompensieren ohne wirklich losgelassen zu haben, wird auch für ihn wieder in einer kurzen und unglücklichen Beziehung enden. Beziehung-Hopping ist die Folge, ungeachtet, was man dem Anderen dabei zufügt.

Stephan Poulter beschreibt das Leben als Aneinanderreihung von Liebesbeziehungen aus denen wir unsere Kraft und Motivation beziehen. Sind diese glücklich, haben wir seiner Meinung nach, ein erfülltes Leben.

Was ist zu tun?

  • Unseren Rucksack ausmisten
  • Selbstreflexion, wenn eine Beziehung in die Brüche geht, ist nicht nur der Andere schuld
  • unsere Beziehungsmuster überprüfen
  • dem Ex-Partner Raum geben und zugeben, dass er/sie uns immer noch beeinflusst
  • begangene Fehler nicht noch einmal machen,
  • aber vor allem aus diesen Fehlern lernen,

damit wir uns nicht im Kreis bewegen und leichtfüßig durch’s Leben schreiten können!

Dazu ein passender Song von Sting…

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16 Gedanken zu „Der Ex-Faktor

  1. Da ich jetzt bereits seit 31 Jahren, mit allen Höhen und Tiefen, verheiratet bin, kann ich keine spezifischen Aussagen machen🤣 Alles schon so lange her, hihi☺️ Mein Mann weist aber keinerlei Ähnlichkeit mit den Verflossenen aus der Teenie-Zeit auf😊 Jetzt denke ich, daß ich damals an diversen Geschmacksverirrungen gelitten habe🙈
    Aber dein Bericht, lieber Thomas, ist sehr interessant. Hab mich nämlich oft gewundert, daß viele Frauen immer wieder an Schläger, Fremdgänger etc. geraten. Eigentlich denkt man, ein gebranntes Kind scheut das Feuer. Aber das Problem liegt anscheinend tiefer. Ich finde es immer so bedauernswert, wenn die neuen Beziehungen wieder aus den gleichen Gründen scheitern, wie die früheren.

    Übrigens, Sting finde ich im Alter attraktiver als früher – noch dazu mit dieser fürchterlichen Frisur😱 Aber er ist ein großartiger Musiker! Danke dir für den Link zum Song🌺

    Schlaf gut und träum süß😴
    Liebe Grüße
    Elisabeth

    1. Wie schön, dass Du, obwohl nicht persönlich betroffen, diesen Bericht interessant findest. Sting hat auf diesem Video eine etwas eigenwillige Frisur 😉 aber er ist und bleibt ein begnadeter Musiker…
      Liebe Grüsse
      Thomas

  2. Schön zusammengefasst. Weil ich weiß, dass der Ex-Faktor bei mir besonders stark ist, habe ich nach der letzten Trennung nach 30 Jahren auch auf die Suche nach einem anderen Partner verzichtet. Erst mal ein anderes Leben aufbauen, Rucksack leeren, Muster erkennen und ablegen. Das kann ich am besten alleine. Obwohl das manchmal auch traurig ist, aber traurig war ich in meiner Ehe auch ab und zu.
    Liebe Grüße! Regine

    1. Dankeschön. Es gibt, denke ich, kein Universalrezept aber unglücklich sein, ist sicher auch kein Lebensmotto. Nach einer Trennung erst mal mit sich selber ins Reine kommen, ist schon kräftezehrend genug und da kann auch eine neue Partnerschaft nicht helfen. Manchmal wirklich traurig, alleine zu sein, ja, aber vielleicht braucht‘s das ja.
      Liebe Grüsse
      Thomas

      1. Unglücklichsein ist kein Lebensmotto, dazu ist das Leben zu wertvoll. Ab und zu traurig sein ist etwas anderes. Liebe Grüße und einen fleißigen „Nikolaus“ wünscht Dir Regine

        1. Das darf auch nie ein Lebensmotto sein, da bin ich bei Dir Regine. Ab und zu traurig darf sein… Bislang war der Nikolaus nicht so richtig fleissig, aber vielleicht ist er ja auch so wie ich, spät ins Bett gestern…
          Liebe Grüsse
          Thomas

  3. Mit vollem Rucksack weiter zu rennen, ist oftmals ein Fehler, den Männer machen. So zumindest meine Erfahrung. Bloß nicht weiter drüber nachdenken. Was jetzt nicht heißen soll, dass es ausschließlich Männer sind. Aber ich behaupte doch mal, mehr Männer wie Frauen.
    Ich habe mich nach jeder Beziehung erst einmal zurückgezogen und das Erlebte reflektiert. Meine Lehren draus gezogen und genau selektiert, was ich zukünftig nicht mehr haben wollte. Ob das jetzt auch zum Ex-Faktor gehört? Keine Ahnung. Jedenfalls gehe ich bewußter mit meinem jetzigen Partner um, als vorher. Der Erfolg? 23 Jahre Beziehung und kein Ende in Sicht. ;D

    1. Da bin ich wohl nicht der typische Mann 😉
      Habe genau die umgekehrte Erfahrung gemacht 😉
      Selbstreflexion ist wichtig und gehört auch zum Ex-Faktor. Gratuliere zu Deiner erfolgreichen Beziehung – wunderbar… auf dass Ihr weitere viele Jahre glücklich seid 🍀🍀🍀

  4. Auf Herz und Seele bleiben Spuren – bestenfalls wunderschöne Tatoos, schlimmstenfalls Narben.
    Scheint ein interessantes Buch zu sein 😃
    Liebe Grüße aus dem immer noch dunklen Norden ✨

    1. Ich denke, wir haben alle unseren Rucksack dabei…
      Ich wünsche Dir, dass Du mit Deinem Partner weiter sehr glücklich bist 🍀🍀🍀

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