Thomas hier…

Unfassbar

Ich sitze noch am Schreibtisch und stelle die letzten Unterlagen für den Steuerberater zusammen. Übrigens eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Ein „bing“ reißt mich aus der Konzentration. Unterbricht gewissermassen den Buchhaltungs-Workflow. Neue Nachricht von Whats App.

Was danach alles passierte, nichts für schwache Nerven, nichts für jemanden, der nachts sowieso schlecht schläft. Panik oder Horror, ein traumatisches Erlebnis sind Nebenwirkungen, zu denen man ruhig seinen Apotheker oder Arzt befragen kann, aber hier helfen wahrscheinlich nicht mal die Ratiopharm-Zwillinge.

So, Spannung wäre aufgebaut. Jetzt nur nicht abflachen.

Whats App Sprachnachricht: „Hallo Thomas, ich bin in 15 Minuten bei Dir!“ 

Welch Schock. Ich wollte schon vor einer halben Stunde beim Steuerberater sein. Die machen ja auch zu. Und dann ist keiner mehr da und morgen bin ich unterwegs. Das Büro, die Bude, sieht nicht wirklich so aus, dass man jemenden empfangen könnte, sprich, sieht aus wie Sau. Da kannst doch niemanden reinlassen. Hab ich noch genug Kaffee? Was zu knabbern dazu? Aber ich muss doch zum Steuerberater. Was mach ich denn nun? 

Wer mich nun etwas näher kennt, weiß auch, daß ich mich durch nichts aus der Ruhe lassen bringe. Durch nichts! Nur diese Sprachnachricht. Nein, heute sagt man ja Sprachi. Hat jemand verstanden, für was diese Sprachis eigentlich gut sind? Früher hat man es gehasst, auf die Mailbox zu sprechen. Stattdessen hat man eine Textnachricht gesendet. Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch. „SMS“ sagte man dazu. Short Message und kein Roman war das Prinzip. Dann ist aus dem SMSen Messenger geworden. Zum Teil müssen wir wirklich lange Nachrichten lesen und scrollen bis der Daumen abfällt. SLMS (saulange message service). Dann haben Facetime, Telegram, Whats App und die anderen Strategen die Sprachnachricht erfunden. Jetzt telefonieren wir eigentlich wieder, aber eigentlich auch nicht, weil wir erst auf die Sprachi-Antwort warten müssen. Einbahnstraßen-Kommunikation, oder? Egal. Wir waren ja bei dieser erschreckenden, alles auf einen Schlag ändernde Sprachi.

„Hallo Thomas, ich bin in 15 Minuten bei Dir!“ 

Nun war diese Nachricht von einem Menschen, von dem ich niemals, wirklich niemals,  erwartet hätte, dass er mich jemals wieder kontaktiert. Dieser Mensch hat den Kontakt zu mir abgebrochen. Schon vor einer geraumen Zeit. Wie sollte ich damit umgehen? was wäre eine geeignete Reaktion? Was wollte dieser Mensch von mir? Was turnt diese Person in meiner Gegend rum? In meinem Revier?

Millisekunden später nehme ich das Telefon in die Hand und was mache ich? Aufpassen, ich glaube niemand hätte das von mir erwartet, ich rufe ihn an. Zu meinem Erstaunen nimmt er nicht ab. Hat er die Nachricht gesendet und das Handy sofort aus denm Fenster geworfen? So, wie man es von den Krimis kennt? Danach habe ich noch etwas viel Unwahrscheinlicheres, tollkühn ist nicht übertrieben, gemacht. Ich habe ihm geschrieben. „Hallo Haubentaucher (Name von der Redaktion geändert), schön, dass Du mich besuchen willst. ich bin aber gerade auf dem Weg zu meinem Steuerberater. Wir können uns aber gerne auf nen Kaffee treffen.“ (Damals ging das noch, dass man sich ganz zwanglos in ein Café setzen konnte und sich dort sogar mit Menschen treffen konnte). Keine Antwort. Nach 10 Sekunden: immer noch keine Antwort und was soll ich sagen? Bis heute keine Antwort und es ist schon gut drei Wochen her. Was ist dem Menschen passiert? Akte X ist im Vergleich dazu Kindergeburtstag. Findet Ihr nicht auch?

Ich glaube ja, dass er einfach dem falschen Thomas eine Nachricht gesendet hat. Peinlich genug. Dann auch noch antworten wäre ja noch peinlicher gewesen. Ich aber lebe seit diesem mysteriösem Vorfall in Angst und Schrecken. Blutdruck und Puls klettern bei jedem „bing“ in den roten Bereich. Ich glaube, ich werde umziehen. Ob ich meine Identität ändere, weiß ich noch nicht. 

Was soll ich tun? Wo sind die Zwillinge, wenn man sie mal braucht?

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