Heute mal Nietzsche

Zum Start in diese Woche, mir war’s irgendwie danach…

Aus „Lieder“, 1862

I

Mein Herz ist wie ein See so weit
drin lacht dein Antlitz sonnenlicht
in tiefer, süßer Einsamkeit,
wo leise Well’ an Well’ sich bricht.

Ist’s Nacht, ist’s Tag? Ich weiß es nicht.
Lacht doch auf mich so lieb und lind
dein sonnenlichtes Angesicht,
und selig bin ich wie ein Kind.

II

Es ist der Wind um Mitternacht,
der leise an mein Fenster klopft.
Es ist der Regenschauer sacht,
der leis an meiner Kammer tropft.

Es ist der Traum von meinem Glück,
der durch mein Herz streift wie der Wind.
Es ist der Hauch von deinem Blick,
der durch mein Herz schweift regenlind.

III

Einsam durch den düsterblauen
nächt’gen Himmel seh’ ich grelle
Blitze zucken an den Brauen
schwarzgewölbter Wolkenwelle.
Einsam loht der Stamm der Fichte
fern an duft’ger Bergeshalde.
Drüber hin im roten Lichte
zieht der fahle Rauch zum Walde.
In des Himmels fernes Leuchten
rinnt der Regen zart und leise,
traurig, schaurig, eigner Weise. –

In deinen tränenfeuchten
Augen ruht ein Blick,
der schmerzlich, herzlich
dir und mir verwehte Leiden,
verlorne Stunden und zerronnen Glück
zurückrief beiden. –

IV

In stillen Stunden sinn’ ich oft,
was mir so sehnlich bangt und graut,
wenn unvermerkt und unverhofft
ein süßer Traum mich übertaut.

Weiß nicht, was ich hier träum’ und sinn’,
weiß nicht, was ich noch leben soll;
– und doch, wenn ich so selig bin,
schlägt mir mein Herz so sehnsuchtsvoll.

Friedrich Wilhelm Nietzsche, (1844 – 1900)

2017_06_15_1729TK neu

Ich wünsche Euch einen tollen Start in diese Woche!

Viele Glücksmomente und tolle Begegnungen und vor allem keine schlechten Nachrichten

Gute Besserung 😷

 

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4 Gedanken zu „Heute mal Nietzsche

    1. Guten Morgen Dir,
      es ist diese unnachahmliche Art Nietzsches Gefühle auszudrücken, die mich schon immer berührt hat. Sehnsucht auf diese Weise auszudrücken ist wunderbar.
      Ich wünsche Dir auch einen wunderschönen Tag.
      Liebe Grüsse
      Thomas

  1. O Friedrich
    Du fragst mich
    Die Welt was Du
    Noch leben sollst

    Nur lieben
    Das allein
    Denn der Alte Gott
    Der Angst ist tot
    Ihn anzbetend
    Fürchtend Quell
    Aller Not

    Du der Künder
    Brennend feurig
    Steht der Wald
    Du bahnst Wege
    Heute noch
    Für Jung und Alt

    dankend
    Dir Joaquim von Herzen
    Freund Zarathustras

    1. „Ich schone euch nicht, ich liebe euch von Grund aus, meine Brüder im Kriege!“

      Liebe Grüsse und einen schönen Sonntag
      Thomas

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