Cold Calls – das Schreckgespenst?

Heute einmal ein paar Tipps aus meinem beruflichen Umfeld. Kein typischer 10-Punkte Ratgeber, den ihr sonst so von mir kennt😏, sondern ein paar Praxistipps.

Jeder, der im Vertrieb arbeitet, ist darauf angewiesen, neue Kunden, neue Zielgruppen zu akquirieren. Man kann ellenlange Emails schreiben, wenn man dann den richtigen (?) Ansprechpartner recherchiert hat. Die Frage ist, ob ich den zukĂŒnftigen Kunden ĂŒberhaupt damit interessiere, ob ich ihn ĂŒberhaupt erreiche. Ich denke, jeder von uns kennt das: wieviele Emails bekommt man denn tĂ€glich? Ohne Priorisierung auf die wichtigsten wĂŒrden wir den ganzen Tag wahrscheinlich nichts anderes tun, als Emails zu lesen. Also, welche PrioritĂ€t haben solche Emails in denen jemand seine Waren und Dienstleistungen anpreist?

Wie auch im privaten Leben, anrufen, miteinander sprechen und sich treffen ist wohl der effektivste Weg. Im Vertrieb sprechen wir da von Kaltakquise oder neudeutsch sogenannten Cold Calls. Einen Menschen anrufen, mit dem ich noch nie gesprochen habe und ihn fĂŒr mich und meine Produkte und Dienstleistungen interessieren, innerhalb der ersten 30 Sekunden… spannende Herausforderung. Wie geht das?

Vorbereitung

Zielgruppe und Zielsetzung definieren. Planung und Strategie. Wen spreche ich an?

Wenn man sich schon ĂŒber die professionellen Netzwerke XING oder LinkedIn vernetzt hat, kann man schon einige Dinge ĂŒber seinen GesprĂ€chspartner erfahren und hat auch einen guten Einstieg. „Guten Tag Herr/Frau… wir sind ja ĂŒber XY vernetzt, kennen uns noch nicht persönlich, aber deswegen rufe ich Sie an.“ Spannend aber auch mutig.

Information ist alles. Man sollte in so ein GesprĂ€ch gut vorbereitet reingehen. Möglichst viele Informationen ĂŒber den GesprĂ€chspartner und vor allem, die wichtigste aller Informationen, kann er/sie mir weiterhelfen, kann er entscheiden oder ist er/sie nur jemand, der mich mit anderen Menschen vernetzen kann, die mich weiterbringen. Wen kenne ich noch in der Firma? Mit wem ist mein GesprĂ€chspartner vernetzt? Facebook vielleicht auch? Warum nicht! Alles, was ich an Information rauskriegen kann, kann wichtig sein und zeichnet ein Bild. Ich mache mir einen Eindruck, mit wem ich es zu tun haben werde. Ein Bild ĂŒber den Unbekannten, dem ich was verkaufen will.

Oftmals sind ja auch gemeinsame persönliche Interessen ein SchlĂŒssel, um eine Beziehung zum Kunden aufzubauen. Manchmal verkehrt man ein GesprĂ€ch auch ins Gegenteil, wenn man Dinge im Laufe eines GesprĂ€chs erwĂ€hnt, was dem Menschen auf der anderen Seite der Leitung gar nicht passen.

Ein guter VerkĂ€ufer im Fach-Einzelhandel muss das innerhalb von Sekunden spĂŒren, was ich will, ob ich Geld ausgeben will, was ich mag, was nicht… Richtig erfolgreich sind die, die mit viel Empathie und Intelligenz innerhalb der ersten Sekunden merken, wie das (Verkaufs-)GesprĂ€ch verlaufen soll, damit es erfolgreich wird. Er kann sich nicht vorbereiten, aber seine Menschenkenntnis und seine FĂ€higkeit Körpersprache zu deuten wird ihm helfen. Auf der einen Seite eine Herausforderung, auf der anderen Seite ist er ja auch schon einen großen Schritt weiter. Er hat seinen Kunden vor sich stehen.

Wenn wir mit einem WiederverkĂ€ufer reden, mit einem Dienstleister, der ja auch wiederum Kunden hat, Informationen ĂŒber die Kunden des Kunden sammeln. Was erwartet der Kunde meines (zukĂŒnftigen) Kunden? Über dieses sogenannte Third-Box-Thinking werde ich demnĂ€chst auch noch berichten.

Also gibt es wohl auch keinen GesprĂ€chsleitfaden, kein Playbook, welches ich von  vielen der Mitarbeiter aus z.B. dem Call Center von Mobilfunkanbietern kenne. Jeder Kunde ist anders, jedes GesprĂ€ch ist anders. Aber ich sollte mir im Klaren darĂŒber sein, was ich erreichen will. Termin! Verkaufen!

Trainieren

Wie beim Krafttraining zÀhlt auch hier, nicht gleich die grossen Gewichte stemmen wollen, klein anfangen und sich die Kraft durch Wiederholungen aufbauen.

Heisst, je mehr GesprĂ€che ich fĂŒhre, desto sicherer werde ich, desto mehr Argumente kann ich in mein eigenes Playbook notieren. Notieren, dokumentieren, was funktioniert und was nicht funktioniert. Sich an den Kunden herantasten, erst mal die Ansprechpartner heraussuchen, bei denen es keine Katastrophe bedeutet, wenn es nicht so lĂ€uft, wie man es sich vorgestellt hat.

Fehler dĂŒrfen gemacht werden, Teil der Lernkurve, aber den gleichen Fehler nicht zwei mal machen.

Zeitmanagement

Zeit einplanen fĂŒr die Kaltakquise. BĂŒrozeiten planen. Dabei ist es wichtig, sich zu ĂŒberlegen, wann man die Ansprechpartner am Besten erreichen kann. Montag frĂŒh ist sicherlich nicht der beste Zeitpunkt, weil man, und da geht es sicher jedem gleich, erst mal wieder Arbeitsbereitschaft herstellen muss. Freitag Nachmittag kann gut sein, ich habe schon öfters die Erfahrung gemacht, dass die Kontakte dann eher Zeit haben, aber das muss nicht so sein und man lĂ€uft auch Gefahr, dass man ĂŒberhaupt niemanden mehr erreicht. FĂŒr den Anfang lohnt es sich bestimmt, einen festen Tag fĂŒr 2-3 Stunden zu blocken und in dieser Zeit auch wirklich nichts anderes tun. Outlook schliessen, Telefon auf lautlos. Wenn man beim Kunden ist, macht man das ja schließlich auch. Ablenkung und wĂ€hrend des Telefonats noch andere Dinge tun ist auch mangelnde WertschĂ€tzung dem (neuen) Kunden gegenĂŒber und er merkt das.

Manche Vertriebler sagen mir auch, dass sie wĂ€hrend der Autofahrt Cold Calls machen, ihre Liste abtelefonieren. Da sind wir wieder beim Thema WertschĂ€tzung. FunkabbrĂŒche, man versteht nicht alles, UmgebungsgerĂ€usche werden mit ĂŒbertragen.

Selbst dafĂŒr sorgen, dass sich der GesprĂ€chspartner wohl fĂŒhlt. Bei Tempo 200 auf der Autobahn ist keine konzentrierte Unterhaltung möglich.

Konsequenz

Man wird mit Kaltakquise nur erfolgreich sein, wenn man das konsequent durchzieht. Das Ziel ist definiert, kleine Schritte gehen, PlanÀnderungen wenn nötig, aber das Ziel, neue Kunden zu gewinnen, neue MÀrkte zu erschliessen nie aus den Augen verlieren.

Feintuning immer. Ausstiegspunkte definieren, wenn der Plan gar nicht aufgeht. Neue Strategie. Erfolg ist messbar und definierbar. 10 Anrufe, 1 Termin, eine feine Trefferquote wĂ€re so ein Gradmesser fĂŒr den Erfolg. 10 Anrufe und 1 mal eine BroschĂŒre zusenden? Eher nicht.

Wenn ich diesen selbstdefinierten Erfolg nicht erreiche, Ziele runterschrauben oder Plan Ă€ndern? Ich wĂŒrde dazu raten, kritisch zu beleuchten, warum der Plan nicht aufging und ich mein Ziel nicht erreicht habe. Vielleicht war die Latte auch einfach zu hoch aufgelegt, kritisch prĂŒfen.

Zuhören

Nach einer gelungenen Einleitung und dem Wecken von Interesse nicht gleich die ganze Geschichte erzÀhlen. Wer fragt bekommt Informationen, wer zuhört versteht den Kunden. Was sind seine Schmerzen? Wieso kauft er beim Mitbewerber? Wie kann ich dem Kunden als Problemlöser zur Seite stehen? Es hilft den Angerufenen einfach auch mal sprechen zu lassen.

Protokollieren

Mit wem habe ich gesprochen, wann, wie lange, was waren die Themen die den Kunden besonders interessiert haben, wenn es nicht zu einem Termin gekommen ist, wann darf ich nochmal nachhaken, kann ich darĂŒber hinaus mich in Erinnerung rufen. Eine kurze Email nach dem GesprĂ€ch mit der Zusendung der Kontaktdaten sollte das Mindeste sein, was ich im Nachgang tun sollte. Termin bestĂ€tigen, natĂŒrlich. ZusĂ€tzliche Informationen, auf Wunsch. Wiedervorlage setzen.

Abschluss

Jeder Cold Call sollte in einer Terminvereinbarung mĂŒnden. Wunschdenken, wie ich aus eigener Erfahrung weiss. Aber das ist das Ziel.

Aber nicht um jeden Preis. Man muss auch lernen abzuschÀtzen, ob sich die dann investierte Zeit auch lohnt. Kaffeefahrten werden mich nicht erfolgreich machen. Jeder Vertreiber hat eine begrenzte Vertriebszeit, davon verbringt man viel zu viel Zeit auf der Strasse. Effizienz ist gefragt.

 


Freue mich wie immer auf Euer Feedback. Sommerliche GrĂŒsse und einen schönen Nachmittag und Abend Euch…

Liebe GrĂŒĂŸe zu Dir 😘

 

 

 

 

 

 

 

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18 Gedanken zu „Cold Calls – das Schreckgespenst?

  1. Ist wieder sehr interessant Thomas und da auch ich viele Jahre im Vertrieb, u.a. bei Siemens arbeitete, kann ich so manches davon auch sehr gut nachvollziehen.
    Sonnige 🌞GrĂŒĂŸe zurĂŒck und noch einen schönen Abend wĂŒnsche ich dir!đŸŒ™đŸ’«

    1. Erst dachte ich ja, dass das auf meinem privaten Blog so nicht hingehört, aber schön, wenn Du es interessant findest. Und Vertrieb bei Siemens… auch hartes Brot, denke ich…
      Sonnenuntergangs-GrĂŒĂŸe zurĂŒck und auch Dir einen schönen Abend.
      Thomas

        1. Ja, so geht es mir auch. Man weiß von den Dingen, aber manchmal muss man sich auch wieder daran erinnern und man lernt immer wieder was dazu… Danke Dir

  2. Ein sehr interessanter Beitrag Tom und definitiv ein harter Job.
    Danke fĂŒr den Einblick und einen schönen Abend …😊
    LG Maren 😉🍀

  3. Du glaubst nicht wie interessant dieser Eintrag fuer mich ist! Ich hab, vor vielen, vielen Jahren, mal Cold Calling gemacht (und darueber meinen Mann kennen gelernt!!) und wir hatten eine total andere Angehensweise.

    Da war nichts Persoenliches dabei, wir mussten jeden alle halbe Jahre anrufen (auch wenn sie frech wurden und sagten, sie wollen nie wieder von uns hoeren), und ausserdem wurde gemessen wie viele Telefonate wir machten, wodurch wir uns angetrieben fuehlten, uns kurz zu halten.

    Heute bekomme ich diese Anrufe selber und hasse sie sehr.

    Meine Frage daher: stoesst Du oft auf Ablehnung, und wie gehst Du damit um? Oder „zieht“ Deine Vorgehensweise immer?

    Sie klingt arbeitsintensiv, und ehrich gesagt besorgniserregend, wenn ich mir vorstelle dass meine Online-Vernetzungen zu diesem Zweck angesehen und untersucht werden…

    1. Schön, dass Du diesen Beitrag interessant findest.
      Zu Deiner Frage: Die „Ausbeute“ von Cold Calls ist oftmals ernĂŒchternd, je mehr man diese ĂŒbt und sich innerhalb von Sekunden auf den Anderen einstellen kann, desto erfolgreicher ist man damit. Das braucht Zeit, Erfahrung und eine gehörige Portion Eigenmotivation. Das waren nur einige Tipps die vielleicht helfen und es gibt sicherlich auch kein Patentrezept. Misserfolge sind in der Natur der Sache. Wenn einer sagt, senden Sie mir mal ein Prospekt, weiß ich doch auch, was meist damit passiert…
      Sich mit dem Kontakt auseinander zu setzen, ist eher WertschĂ€tzung als Stalking… Denk mal an Google, die wissen so viel ĂŒber uns. Denk mal an Payback oder andere solche sog. Loyality Programme. Selbst die Banken sammeln Daten ĂŒber Dein Einkaufsverhalten… da ist man als Cold-Caller ja ein kleines Licht, wenn man die Profile anschaut und jeder gibt hoffentlich das preis, was er auch öffentlich machen möchte.
      Ich hatte erst gestern einen solchen Cold Call und wie ich sagte, dass ich dieses tolle Upgrade fĂŒr meinen Mobilfunkvertrag nicht brauche, hat er einfach aufgelegt…
      Es gehört zur Vertriebsarbeit dazu, es gibt Dinge, die sicherlich mehr Freude machen…
      Viele GrĂŒsse
      Thomas

      1. „Senden Sie mir ein Prospekt“ (das ich dann in den Muelleimer schmeisse) finde ich furchtbar, da sehr, sehr respektlos gegenueber der Natur und dem Geldbeutel des Anrufers.

        Stimmt, ich passe gut auf, was ich online mache. Shoppen ist fuer mich okay – Werbung kriege ich sowieso, so wird sie wenigstens auf mich zugeschnitten. Auf Linkedin bin ich nicht, weil mir klar ist, dass potentielle Arbeitgeber dort nach mir gucken werden, und mein Facebook ist so privat wie dieses Medium eben sein kann, und ich loesche dort regelmaessig Menschen, die in meinem offline-Leben nicht mehr vorkommen.

        Dir machen die Telefonate also auch keine rechte Freude? Die meisten, die ich bekomme, sind eher so wie die die ich getaetigt habe, 08/15 und direkt zur Sache. Manche sind aggressiv. Eine hab ich neulich verarscht und sagte ja, ich hatte tatsaechlich einen Autounfall fuer den ich noch kein Schmerzensgeld geklagt haben. Damit konnte sie gar nichts anfangen – sehr offensichtlich war sie nicht gewohent dass jemand ihre Dienste wollte. Sie wusste nicht mal wann ich den Unfall hatte. Auf ihre Anfrage hin sagte ich, das weiss ich nicht mehr, ich habe ja seitdem solche Gedaechtnisluecken. Ob sie nicht die Daten hat. Sie wollte sie sich besorgen und zurueck rufen, und darauf warte ich bis heute…

        1. Ich telefoniere gern und viel. Cold Calls gehören eben auch dazu, aber es gibt schon angenehmere GesprĂ€che 😉
          Schönes langes Wochenende Dir

          1. Danke, gleichfalls – ich hab jetzt Urlaub! Wie gesagt ein sehr interessanter Artikel, und auch interessante Kommentare… Hab ich echt gern gelesen 🙂

  4. Hallöchen .., ein interessanter Einblick in die Vertriebswelt.
    Aber das Prinzip ist genauso gut bei der Partnersuche im Internet anzuwenden und Ă€hnlich mĂŒhsam, anstrengend aber unterm Strich erfolgreich😃
    LG Martin

    1. Ich habe noch keinen Partner im Internet gesucht, deswegen kann ich da nur bedingt mitreden, aber klar, man verkauft sich ja auch irgendwie und wenn man sich doof anstellt, wird das wohl auch nix…

      LG
      Thomas

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